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von Werner Musterer | Blogpost

Radfahren und Carsharing gegen Kreislauf- und Verkehrskollaps

Unsere Straßen platzen aus allen Nähten. In den Städten geht mindestens zweimal am Tag (haha, zur »Rush hour«, welch wundervoller Euphemismus!) gar nichts mehr und dazwischen auch nur noch wenig. Die Aggressivität im Straßenverkehr steigt zunehmend an. Entspannte Gesichter auf dem meist als einzigem besetzten Fahrersitz sieht man nur noch selten. Die Suche nach einem Parkplatz dauert oft länger als die vorausgegangene Kurzstreckenfahrt von einem zum anderen Stadtteil, und wehe, es will gleichzeitig noch ein anderer in die gerade frei werdende Lücke, dann – Ring frei!

Ein bisschen Statistik gefällig? Über 54 Millionen Kraftfahrzeuge (davon allein 45 Mio. Pkw) sind in Deutschland zugelassen – und stehen im Schnitt 23 Stunden am Tag still. Der nicht gerade im Verdacht der Autofeindlichkeit stehende ADAC hat errechnet, dass zum Beispiel in Hamburg die Autobesitzer durchschnittlich 2,2 Fahrten täglich mit nicht mehr als 43 Minuten Fahrzeit durchführen. Dabei führen die Dauerstaus in unseren Städten auch noch dazu, dass diese Fahrten ungefähr ein Drittel länger dauern, als es bei freien Straßen der Fall wäre. In seiner jährlich erscheinenden Staubilanz hat der Verein für das Jahr 2015 über 568 000 Staus gezählt, die eine Gesamtlänge von 1,1 Mio. Kilometern erreichten (27-mal um die Erde oder fast dreimal zum Mond). 341 000 Stunden steckten deutsche Autofahrer in dem Jahr in Summe fest – das sind knapp 39 Jahre wertvolle Lebenszeit! Mobilität ist eben was anderes als Verkehr …

Das Ganze kostet wie immer auch etwas. Der Benzinverbrauch (im Stau etwa zweieinhalb mal so hoch wie bei dauerhaftem Tempo 130) ist dabei vergleichsweise nur ein Tröpfchen: Mehr als 90 000 000 000 Euro (Na? Alle Nullen gezählt? Die Zahl heißt Neunzig Milliarden!) zahlen wir alle Jahr für Jahr für die Folgen des überbordenden Verkehrs wie Klimawandel, Gesundheitsschäden durch Luftbelastung oder Unfälle. Die KfZ-Steuern bringen übrigens mit rund 50 Mrd. Euro nur etwas mehr als die Hälfte ein. (Studie der TU Dresden).

»Natürlich fahr ich mit dem Auto. Wegen der paar Meter hole ich doch nicht extra das Fahrrad aus dem Keller …«

Wir brauchen eine andere Mobilität. Das Bundesverkehrsministerium definiert sie als »zentrale Voraussetzung für wirtschaftliches Wachstum, Beschäftigung und Teilhabe des einzelnen am gesellschaftlichen Leben« – man könnte auch sagen, Mobilität ist ein Menschenrecht. Immer mehr Verkehr aber schränkt – nach oben Gesagtem gar nicht mehr paradox – unsere Mobilität immer mehr ein. Unsere Verkehrsplaner sind gefragt, neue Konzepte für eine möglichst nahe Zukunft zu entwickeln. Als Einzelne können wir aber jetzt schon anfangen: Zum Beispiel, indem wir Fahrgemeinschaften bilden oder auf Öffentliche Verkehrsmittel umsteigen – gar keine neue Idee und ebenso profan wie wirksam! Und ich denke, das bisschen weniger an Bequemlichkeit können sich die meisten von uns leisten.


Ich persönlich setze ja voll aufs Fahrrad: Ein eigenes Auto besitze ich gar nicht mehr. Stattdessen habe ich mir ein Pedelec (oder E-Bike) angeschafft, mit dem ich schon im ersten Jahr auf über 5000 km Fahrleistung kam (nur innerstädtisch wohlgemerkt). Für größere Einkäufe oder sonstige Transportfälle benutze ich einen ebenso praktischen wie stylishen Anhänger. Gegen »Wetter« – das übrigens meistens viel besser als sein Ruf ist – gibt es zweckmäßige Kleidung. Ich fühle mich super damit, Parkplatzsorgen ade! Mein Auto habe ich seitdem nie vermisst. Und wenn es mal gar nicht anders geht, gibt es ja immer noch Carsharing – worüber ich in diesem Blog bestimmt auch bald schreiben werde.

 

Links zum Thema:

Staubilanz 2016 des ADAC

Süddeutsche Zeitung zur Stauanalyse

Untersuchung des Navigationsgeräteherstellers TomTom zu Staus in Städten

Zulassungsstatistik des Kraftfahrtbundesamtes

TU Dresden zu Mobilitätskosten

Carsharing mit Stadtmobil

Städtisch organisierter Pedelec-Verleih in Hannover

• E-Bike-Test.org: umfangreiche Quelle zum Thema Pedelec & Co.

 

 

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