Titelfoto: Johannes Huwe in seiner Digitalagentur Cybay New Media (© Werner Musterer)

 

»In Vintage Veritas« …

… lautet das Motto von Johannes Huwe. Der Fotograf arbeitet ausschließlich analog mit zum Teil jahrzehntealten Kameras – und ist damit seit vielen Jahren international erfolgreich. Ich traf den Künstler für die PhotoPresse in seiner hannoverschen Digitalagentur.

Johannes Huwe erzeugt auf den ersten Blick Eindruck, ja fast Ehrfurcht: ein Baum von einem Mann, der lange Bart reicht bis auf die Brust. Dabei entpuppt er sich als überaus freundlicher, sympathischer Gesprächspartner, der gern und unprätentiös Auskunft über sein Schaffen gibt. Das leicht verwirrende Gefühl kognitiver Dissonanz besteht ebenso weiter bei der Betrachtung der Tatsache, dass hier ausgerechnet ein Betreiber einer Digitalagentur sich so mit ganzem Herzen analoger Arbeitsweise verschrieben hat. Aber Huwe wird nachvollziehbar erklären, wie er »das Beste beider Welten« für sich nutzt.

Johannes Huwe arbeitet bei seinen selbst gewählten und recherchierten Fotoprojekten mit alten M-Leicas aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren, die meist nur mit der klassischen 35mm-Brennweite bestückt sind. Alternativ darf es auch mal eine – ebenso alte – Hasselblad sein. Als Filmmaterial setzt er auf Kodak Portra, wenn es farbig sein soll, und noch viel lieber auf den schwarzweißen Tri-X. »Was meine Fototechnik angeht, bin ich bekennender Minimalist. Die Mechanik der alten Kameras begeistert mich!«, sagt Huwe. »Die brauchen keine Batterien und funktionieren nach mehr als sechs Jahrzehnten noch zuverlässiger als manch moderne Digitalkamera. Auch in extremen Situationen wie in der Antarktis haben die mich schon begleitet und sich bewährt.«

Magazine

Huwes Fotostrecken werden vielfach international veröffentlicht.

Sein Hang zu »Vintage«, also guten Dingen vergangen geglaubter Zeiten, drückt sich auch immer wieder in der Wahl seiner Motive aus. Seine erfolgreichsten Serien zeigen etwa Oldtimer-Motorsportrennen und spielen in Communitys, die wie er der Liebe zum »L’Age d’Or« frönen. Der Markt für solche Bilder ist offensichtlich groß: Huwes Fotostorys wie »Race of Gentlemen« oder »Pendine Sands Hot Rod Races« sind in zahllosen Magazinen auf der ganzen Welt erschienen. Verschiedenste Unternehmen vom edlen Schmuckhersteller bis zur weltweiten Burgerkette reißen sich darum, mit seinen Bildern ihrer Werbung den passenden Lifestyle zu verpassen. Internationale Anwaltskanzleien schmücken ihre Büros mit seinen vier mal drei Meter großen Abzügen. Liest man Huwes lange Referenzenliste, erscheint der Erfolg fast wie ein Selbstläufer. Ist das so? »Mitnichten«, antwortet Johannes Huwe. »Das ist das Ergebnis umfangreicher, harter PR-Arbeit und Selbstvermarktung. Ich tue extrem viel dafür, meine Projekte bekannt zu machen. Ganz wichtig und äußerst hilfreich ist für mich dabei die Nutzung der Social-Media-Kanäle. Aber anders als oft geglaubt wird, läuft dort nichts von selbst.«

 

Analog fotografieren – digital vermarkten

Dass Huwe weiß, wie es bei Flickr, Instagram & Co. läuft, verdankt er natürlich auch seinem Hauptberuf als Betreiber der Digitalagentur Cybay New Media, die er 1993 noch in Vor-Internet-Zeiten gründete und die seitdem ununterbrochen erfolgreich ist. »Man muss die Mechanismen der Communitys verstehen. Du kriegst nur Likes, wenn du selber welche verteilst. Willst du Kommentare, musst du selber kommentieren. Auch zu welcher Uhrzeit du deine Posts absetzt, ist in manchen Portalen extrem wichtig.« Social Media funktioniere nach knallharten Regeln, die man befolgen müsse, sonst fielen die Followerzahlen genauso schnell wieder, wie sie gestiegen sind. Was aber passieren kann, wenn man alles richtig macht, zeigt Huwes Serie über seine Alpenüberquerung mit seinem Porsche 356, Baujahr 1954: Der Porsche-Konzern wurde aufmerksam und verbreitete die Aufnahmen über seine eigenen Kanäle. Posts und Reposts brachten Johannes Huwe nach dem Schneeballprinzip über 14 Millionen Follower! Honorar von Porsche gab es dafür allerdings keins! »Das funktioniert eben anders heutzutage!«, so Huwe dazu. »Man kann vielleicht nicht mehr für jedes einzelne irgendwo veröffentlichte Bild Nutzungshonorar einfordern. Dafür kann der Multiplikationseffekt ganz neue Kunden auftun.« Was rät Huwe Fotografen? »Ich kenne viele Kollegen, die tolle Bilder machen, aber nicht die Fähigkeit zur Selbstvermarktung besitzen. Daran sollten sie arbeiten und sich weiterentwickeln!«

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Der Beitrag ist in der PhotoPresse 08-19 erschienen.

Zu dieser Selbstvermarktung gehörten selbstverständlich auch Ausstellungen. Allerdings dürfe man die Erwartungen an Bildverkäufe nicht zu hoch ansetzen. »Meine Hamburger Galerie ist durchaus erfolgreich mit dem Verkauf meiner Werke. Die resultieren aber nur selten direkt aus den Ausstellungen. Viel wichtiger ist für mich, mit einer Bilderschau wieder Anlässe für meine Öffentlichkeitsarbeit zu haben.« Das scheint sehr gut zu funktionieren: nach der Ankündigung seiner für April des Jahres geplanten Ausstellung »We all have dreams« gab es schon einen ganzseitigen Bericht in einer hannoverschen Tageszeitung und zwei Fernsehsender wollen Interviews. Dabei findet die Schau erstmal gar nicht statt: wegen zu hoher Anmeldezahlen zur Vernissage musste die Eröffnung verschoben werden!

Web:
huwe.cc
Instagram:
@johanneshuwe
@americana.mag

 

 

 

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